Deutschland – auf dem Weg in die Rezession?

Die Fertigungsaufträge der deutschen Industrie sind im August um 5,7% gegenüber dem Vormonat eingebrochen. Im Juli war der Wert noch um 4,9% gestiegen.

Die deutsche Bundesregierung macht dafür die ungünstige Lage der Sommerferien verantwortlich. Es ist aber eher so, dass die deutsche Wirtschaft nicht länger immun scheint gegen ihr schon seit Monaten schlechtes Umfeld, in dem die Nachbarstaaten, insbesondere Frankreich und Italien, in Krisen zurück fallen. Die Nachfrage aus dem Ausland sinkt im August um 8,4%, wobei die Aufträge aus der Eurozone um 5,7% zurückgingen, während die aus dem Rest der Welt sogar um 9,9% abnahmen. Die Inlandsaufträge schrumpften um 2%. Die Nachfrage nach Investitionsgütern ist mit einem Minus von 8,5% besonders schwach.

Der notorisch optimistische IWF reduziert seine Wachstumsprognose für Deutschland für dieses und nächstes Jahr jeweils auf eine Zunahme des BIP von rund 1,5%. Im Juli hatte er für 2014 noch plus 1,9% vorhergesagt und verweist auf die Krisenherde in der Ukraine und im Nahen Osten. Auch das ifo-Institut wird skeptischer und sieht die Wirtschaftsleistung der Eurozone im vierten Quartal nur um 0,2% gegenüber dem Vorquartal steigen. Auch hier heißt es: „Die geopolitischen Unwägbarkeiten belasten weiterhin das Vertrauen der Wirtschaftsakteure."

Der Industrie-Ausstoss in Deutschland ist im August um 4% gegenüber dem Vormonat geschrumpft. Das ist der stärkste Abfall in mehr als fünf Jahren. Die mittleren Erwartungen beliefen sich auf lediglich –1,5%. Kapitalgüter kommen auf –8,8% – das ist besonders bedenklich, weil dieses vorlaufende Segment besonders deutlich die abwartende bis negative Stimmung zeigt.

Wie die FT schreibt, lässt das Befürchtungen wachsen, Europas größte Volkswirtschaft könnte in eine Rezession schliddern. Bereits im zweiten Quartal war das deutsche BIP um 0,2% geschrumpft. Nicht wenige erwarten ein weiteres negatives Quartal Q3, bestenfalls eine Stagnation.

Zudem stärkt das Bedenken hinsichtlich der wirtschaftlichen Verfassung der Eurozone insgesamt. Manifestiert sich der eingeschlagene Trend in der nächsten Zeit, dürfte die Eurozone in einer Dreifach-Rezession landen – und das würde ohne Zweifel z.B. auch die Wirtschaft der USA und die von China herunterziehen.

[Charts über Zerohedge]

Die EZB hat jahrelang mit billigem Geld die notleidende Wirtschaft der Eurozone überschwemmt, eine zeitlang ging das gut und verdeckte die zugrunde liegenden Strukturprobleme. Die wurden nicht angepackt und irgendwann einmal kann die EZB mit noch so vielen geldpolitischen Manövern einfach nicht mehr genügend Zeit kaufen.

Ergänzung:
Der folgende Chart zeigt die über drei Monate gemittelten deutschen Produktionsindices für Investitions- und Vorleistungsgüter, sowie für das produzierende Gewerbe insgesamt. Zum Vergleich ist der Verlauf des DAX eingetragen. Die gestrichelte blaue Linie zeigt den über einen Bandpass (h/t "[web:reg]") erzeugten Verlauf des Zyklus des produzierenden Gewerbes. Daran lässt sich ablesen, dass die zuvor schon schwache Aufwärtsdynamik gegenwärtig verschwunden ist.

Nachtrag:
(9.10.14) Die führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute haben in ihrem Herbstgutachten ihre Wachstumsprognose für Deutschland deutlich gekappt und erwarten nur noch 1,3% Wachstum in 2014 und plus 1,2% in 2015. Vor einem halben Jahr lag der Wert für 2014 noch 0,6%, für 2015 sogar 0,8% höher.

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