Aktien: Bull-Markt bis 2016?

Das US-BIP für Q1 zeigt sich revidiert mit minus 2,9% schwach. Im Schlussquartal 2013 war das BIP noch um 2,6% expandiert. Beobachter hatten lediglich eine BIP-Schrumpfung um 1,8% erwartet.

Das miserable US-BIP für Q1 wird dem harten Winter zugeschrieben und als Einmal-Effekt abgehakt. Hat man schon mal gute Daten auf gutes Wetter geschoben und abgehakt? Nicht, dass ich wüsste. Das hinderte bullische Kräfte jedoch nicht daran, aus dem Einmal-Effekt abzuleiten, dass die Fed nun noch viel Zeit lässt bis zur ersten Zinsanhebung. Das ist in sich inkonsistent, zeigt aber, dass jedes noch so widersprüchliche Argument so gedreht wird, dass es als Berechtigung für Anlagen in Aktien dient. Aktien tendierten umgehend fester.

Die Inflation hat zuletzt –zur Zufriedenheit der Fed- angezogen. Der CPI stieg im Mai im Vergleich zum Vorjahresmonat um 2,1%, der PPI legte um 2,5% zu, das Verhältnis der Produzentenpreis-Indices für Rohmaterial und Fertigwaren liegt aktuell bei knapp 1,3. Der von der Fed besonders ernst genommene Kern-PCE-Deflator (PCEPILFE) steigt im Jahresvergleich um 1,5%.

Die Tage niedriger US-Inflation sind vorbei. Die Fed ermuntert mit ihrer öffentlich zur Schau gestellten Sorglosigkeit hinsichtlich Preisentwicklung zu höheren Inflationserwartungen. Die laufen, gemessen an der Differenz zwischen der nominalen und realen Rendite zehnjähriger US-Bonds, seit längerem seitwärts. Aktuell notieren sie bei 2,2%, wohl unter dem Maximum der zurückliegenden zehn Jahre bei nahezu 3%.

Der Leerstand von Mietwohnungen und Miethäusern liegt in den USA nahe einem 13-Jahres-Tief, die Zahl verkaufter neuer Häuser ist gegenüber dem Vorjahr im Mai um fast 19% gestiegen. Beobachter erwarten bis zum Jahresende oder sogar bis ins Frühjahr 2015 im Unterkunftssegment kontinuierliche Kostensteigerungen. Die Kosten für Unterkunft machen 40% des Kern-PCI und 22% des Kern-PCE-Deflator aus. Zusammen mit der Zunahme der Beschäftigung dürfte sich demnach weiterer Preisdruck aufbauen.

Aktien befinden sich in einem fortgeschrittenen Bull-Markt. Einige Beobachter sagen, Bull-Märkte sterben nicht an Altersschäche, sondern normalerweise als Ergebnis eines geldpolitischen Fehltritts. Bull-Märkte starten mit einer Erholung von zuvor (etwa in einer Rezession) gedrückten Kursen aus. In der zweiten Phase bauen sie auf soliden Fundamentaldaten auf und in der dritten Phase treibt der spekulative „Herdentrieb“, die Kurse weiter hoch.

Das, was von großen Anlegern üblicherweise als ein solcher geldpolitischer Fehltritt bezeichnet wird, ist eine ihrer Ansicht nach nicht adäquate Straffung der Geldpolitik. Von einem solchen „Fehltritt“ sind wir noch weit entfernt.

Wir sollten aktuell von einem “Fehltritt” der ganz anderen Art sprechen. Die Fed wird versuchen, ihre „Fehler“ von 2008, 2010 und 2011 (siehe unten!) zu vermeiden. Sie hat sich zudem mental an der Reduktion der Arbeitslosigkeit festgebissen und toleriert, bzw. fördert in diesem Zusammenhang auch eine Zunahme der Inflation.

Sie riskiert dabei, dass sich die US-Wirtschaft überhitzt, was Aktien-Bewertungen in nicht haltbare, spekulative Übertreibungen führen dürfte. Das aktuelle Bild unterscheidet sich nicht wesentlich von dem, was hier erörtert wurde.

Mit einem aktuellen Stand von 26,30 steht das Shiller-KGV nahezu auf demselben Stand wie Ende 2013. Die Überbewertung wäre nach wie vor bei rund 28% festzustellen, der Bull-Markt im S&P 500 befindet sich in seiner dritten, der spekulativen Herdentrieb-Phase.

Von der Seite des mittelfristigen Kredit-Zyklus her zeigt z.B. Guggenheim Investments auf, dass sich die Entwicklung des Zinsspread aktuell ziemlich genau in der Mitte einer typischerweise 40 Monate andauernden Phase mit niedrigen Spreads befindet (der Chart zeigt ab aktuellem Datum einen typischen, fiktiven Verlauf). Ein erneuter Anstieg des Spread geht gewöhnlich auf eine Zunahme der Unternehmenspleiten zurück, was wiederum Aktienkurse dauerhaft belastet. Die Konkurse beginnen sich üblicherweise mit mehrmonatiger Verzögerung zu häufen, sobald die Fed die Zinsen anhebt. Damit rechnet die Mehrheit der Beobachter zum Ende des ersten Quartals 2015.

Von dieser Warte her wäre zu erwarten, dass der Bull-Markt noch bis Ende kommenden Jahres weiter gehen könnte, eventuell noch darüber hinaus. Das Shiller-KGV wäre dann, die zuletzt gesehene Entwicklung fortgeschrieben, bei 40% (Oberseite des rot eingezeichneten Kanals im Chart „Shiller-KGV“) oder mehr Überbewertung angekommen. Das wäre insgesamt ein konsistentes Szenario.

Allerdings steht als nächstes großes Fragezeichen im Raum, wie die großen Anleger reagieren, wenn die QE-Maßnahmen auslaufen. Das wird nach heutiger Planung im November der Fall sein.

Tom McClellan zeigt den Zusammenhang zwischen S&P 500 und der Bilanz der Fed, „the only chart that matters“. Trotz der Reduktion der QE-Maßmahmen wird ihre Bilanz immer noch länger – im Juni wurden Papiere im Volumen von 45 Mrd. Dollar gekauft, im Juli werden es immer noch 35 Mrd. Dollar sein.

Als QE1 im April 2010 endete, begann eine Korrektur bei Aktien, zudem fiel in diese Zeit der sogenannte "Flash Crash" von Anfang Mai 2010. Die Fed kündigte daraufhin im September 2010 QE2 an, das Programm gab den Aktienkursen erneuten Auftrieb bis es Ende Juni 2011 auslief. Es gab eine erneute, schärfere Korrektur, die Fed startete ein weiteres QE-Programm, das noch andauert.

Was geschieht, wenn die Fed ihre QE-Maßnahmen eingestellt haben wird? Die Erfahrungen zuvor lassen erneut eine Korrektur bei Aktien erwarten.

Nicht auszudenken, was passiert, wenn die Fed anfangen würde, ihre mehr als 4 Bill. Dollar lange Bilanz zu verkürzen. Vermutlich hat niemand in der Fed eine Idee, wie das jemals in geordneten Bahnen möglich ist. Mitte 2008 hatte die Fed schon einmal begonnen, ihre Bestände an Treasury-Bonds von damals rund 700 Mrd. Dollar zu reduzieren. Das hat seinerzeit die Finanzkrise nach der Lehman-Pleite verschärft. Dieses Experiment wird die Fed so bald nicht wiederholen wollen.

Nachtrag:
(3.7.14) Zur Frage der Einschätzung des miserablen US-Q1 gibt es hier und hier lesenswerte Kommentare.

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