Grantham: Vor Crash noch 20 bis 30% Aktien-Plus

In seinem Quartalsbrief beschäftigt sich Jeremy Grantham, GMO, zunächst damit, was davon zu erwarten ist, wenn Janet Yellen auf dem Chef-Sessel der Fed Platz nimmt. Danach fragt er nach der Perspektive bei Aktien. Nachfolgend eine zusammenfassende Übersetzung.

Grantham nimmt sich beim Personalthema zunächst Yellens Gegenkandidaten Larry Summers vor, der seine Kandidatur beizeiten zurückgezogen hat. Er erinnert daran, dass dieser zusammen mit Rubin und Greenspan die Deregulierung des US-Bankensystems Ende der 1990er Jahre durchgesetzt hat. Rubin trat nach getaner Tat vom Posten des Finanzministers zurück und fast direkt danach den Chefposten bei der Citicorp an.

Yellen saß unter den Fed-Chefs Greenspan und Bernanke auf verantwortungsvollen Positionen zu Zeiten, als diese die Gier im Finanz-Sektor zu Höchstleistungen antrieben. Einige machen zu ihrer Verteidigung geltend, dass sie 2005 vor einer sich entwickelnden Hauspreis-Blase warnte. Gleichzeitig klang sie aber auch wie der frühe Greenspan, schreibt Grantham: Blasen existieren nicht, und wenn, dann ist es nicht die Aufgabe der Fed zu intervenieren, und wenn doch, dann ist da nichts zu tun, wenn aber doch, dann sind die negativen Folgen eines Eingreifens größer als die positiven.

Viel sei geschrieben über den Crash von 2008, als sich dieser zum fünften Mal jährte, fährt Grantham fort und ruft das Ausmaß dieses zum größten Teil auf Fehler der Fed zurückgehenden Desasters noch einmal ins Gedächtnis: Dem Crash ist der größte Preissprung bei Öl und anderen Rohstoffen voraus gegangen, den es jemals gab. Der traf mit der einzigen US-weiten Hauspreisblase in der Geschichte zusammen. Das führte zu 8 Bill. Dollar an direkten Verlusten und weiteren Billionen an Nachfolgeeffekten.

Yellen verfolgt die verfehlte Fed-Politik weiter in der Hoffnung, dass das gleiche Tun zu einem unterschiedlichen Ergebnis führt, fährt Grantham fort. Die Konsequenzen dieser Politik haben sich zuletzt bei zwei Gelegenheiten als katastrophal erwiesen und es steht zu erwarten, dass es innerhalb der nächsten zwei, drei Jahre wieder genauso endet. In einem Akt verzweifelter Logik für verzweifelte Zeiten hätte Grantham Summers gegenüber Yellen vorgezogen wegen der geringen Aussicht, dass er etwas anderes gemacht hätte.

Das Timing von Bären-Märkten

Das Greenspan-Bernanke-Regime von exzessiven Stimuli, dem nun Yellen vorsteht, wird wie üblich weitergehen und die Märkte gehen den Weg des geringsten Widerstands – aufwärts, schreibt Grantham. Es bedürfte eines ernsten wirtschaftlichen Schocks, um den Effekt der kontinuierlichen Markt-Pusherei aufzuheben. Man braucht sich dazu nur die anhaltenden Kurssteigerungen anzusehen, die es trotz nahezu universell enttäuschenden Wirtschaftswachstums gegeben hat. Das kam in der Geschichte nur selten vor und zeigt, wie weit der Einfluss der Geldpolitik der Fed reicht.

Bei Aktien gibt es bisher noch wenig Anzeichen einer traditionellen Blase. In den USA sind bisher nicht allzu viele Individuen konsistent auf der Käuferseite von Fonds. Es gibt auch noch keine neuen wunderbaren und einflussreichen Theorien, warum das KGV heutzutage viel höher sein darf als 1989 in Japan oder 2000 in den USA, als es bei 30 bis 35 lag. Aber es gab zuletzt eine scharfe, unerwartete Steigerung der IPO-Aktivitäten – ein Hinweis auf einsetzenden Herdentrieb.

Meiner Meinung nach, schreibt Grantham, wird sich der US-Markt insbesondere im nicht-Blue-Chip-Bereich vielleicht noch 20 bis 30% höher schrauben, wobei er als Zeithorizont ein, wahrscheinlich zwei Jahre sieht. Der Rest der Welt, einschließlich der Emerging Markets, dürften sogar besser laufen. Dann aber werden wir den dritten in der Serie von Markt-Zusammenbrüchen seit 1999 haben, heißt es.

Wir haben dem Erfinder dieses perfiden Plans, Greenspan, in einer Orgie des Stiefelleckens als großem Meister zugejubelt. Sein Lehrling Bernanke wurde durch einen demokratischen Präsidenten für eine weitere Amtszeit bestellt und für seine Politik gelobt, die Truppen in einem Crash loszuschicken, den es ohne die gefährlichen Experimente der De- und der Nicht-Regulierung nie gegeben hätte. Eines Tages werden wir auch Yellen oder jemand anderes loben dafür, dass sie/er uns aus dem nächsten Desaster heraus hilft. Die De-Regulierung war angetreten, freie Preis-Findung zu ermöglichen, heraus kam Gier-Findung.

In der Zwischenzeit sollten sich Anleger klar werden, dass der US-Markt schon stark überteuert ist – so sehr, dass Grantham glaubt, dass er sieben Jahre negative Erträge abwerfen wird. Die meisten ausländischen Mäkte sind ebenfalls seit Sommer überteuert, wenn auch weniger als in den USA. Aus unserer Sicht, fährt Grantham fort, sollten kluge Investoren schon anfangen, ihre Aktienbestände zu reduzieren. Kluge Investoren müssen auf viel Spass am Markt-Topp verzichten – da macht die gegenwärtige Situation keine Ausnahme.

Und so folgt als unbequeme Schlussfolgerung: Sei vorsichtig und Dir werden wahrscheinlich Gewinne entgehen. Handelst Du riskant, wirst Du wahrscheinlich mehr Geld machen, aber eines Tages wirst Du überfallen. Und danach sind Deine Entschuldigungen schwach.

PS 1:
Was kann für den Markt falsch laufen? Es gibt eine langsame und aus Granthams Sicht ernst zu nehmende Abflachung des Wirtschaftswachstums. Das ist v.a. in Europa aber auch global sichtbar. Das könnte sogar die Fed erdrücken. Das generelle Fehlen von fiskalischen Anreizen und der schon fast steile Rückgang des US-Defizits im Besonderen helfen da nicht gerade.

PS 2:
Der Präsidentschafts-Zyklus (für Grantham gehen die Präsidentschaftsjahre vom 1. Oktober bis 30. September) zeigt für drei Zyklen in den zurückliegenden 36 Jahren in ihren ersten Hälften jeweils einen ungewöhnlich starken Durchschnitt der Aktienkursgewinne. Dies war 1996 mit plus 48%, 1984 mit plus 43% und 2004 mit plus 19%. 1996 endete mit dem 2000er Crash, 1984 führte zum Crash im Oktober 1987 und 2004 war der Vorläufer für den Crash von 2008. Im laufenden Zyklus liegen wir nach gut einem Jahr schon mit 19% im Plus…, schließt Grantham.

Grantham bleibt bei seinen Ausführungen unklar über das Maß der erreichten Überbewertung bei Aktien. In einer Passage eines anderen Autors im Quartalsbrief ist von 75% Überbewertung die Rede, aus anderen Ausführungen kann eher auf 20 bis 30% geschlossen werden.

Der Hinweis von Grantham auf eine mögliche Abflachung des langfristigen Wirtschaftswachstums wird im Quartalsbericht von GMO untermauert mit dem Verlauf der Nettoinvestitionen in den USA. Zuletzt hatte auch Summers die Hypothese von der säkularen Stagnation wieder aufgewärmt.

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