Europas Bankensystem – das größte der Welt

Europas Banken müssen ihre Bilanzen dramatisch schrumpfen, damit sie der nächsten Finanzkrise widerstehen können. Das ergibt eine Studie der Royal Bank of Scotland, über die die FT heute berichtet.

Ihre Bilanzen müssen bis 2016 um mindestens 2,7 Bill. Euro verkürzt werden, haben Analysten der Bank ausgerechnet. Ihre Bilanzsummen ergeben zusammen rund 33 Bill. Euro, das ist fast das dreieinhalbfache der BIP der Eurozone. In einer Bankenkrise werden die Regierungen da nicht in der Lage sein, alle Banken zu unterstützen.

Europas Bankensystem ist das größte der Welt und allem Anschein nach zu groß, heißt es. Die Banksektoren in Japan, Kanada und Australien sind etwa doppelt so groß wie die entsprechenden BIPs, der Banksektor der USA hat etwa dieselbe Größe wie die jährliche Wirtschaftsleistung des Landes.

Nach Daten der EZB haben die Banken der Eurozone ihre Bilanzen um 2,4 Bill. Euro verkürzt. Es müssten aber noch weitere 2,7 Bill. Euro an Assets abgebaut werden, dann wären die verbundenen Bankbilanzen noch etwa dreimal so groß wie das entsprechende BIP, heißt es in der Studie.

Wenn das Deleveraging auch den Abbau von Krediten betrifft, ergeben sich negative Effekte für die Realwirtschaft, heißt es. Deleveraging ist nötig, aber die optimale Geschwindigkeit ist kritisch. Ein zu schneller Abbau führt zu einer Kreditklemme, ein zu langsamer Abbau lässt die Banken anfällig bleiben. Aktuell geht der Prozess in der Peripherie zu schnell, während der Kern kaum vorankommt, heißt es. Das führt zu finanzieller Fragmentierung, auf die EZB-Chef Draghi wiederholt hingewiesen hat. Kleine und mittlere Unternehmen besonders in der südlichen Peripherie beklagen, dass sie keinen Zugriff auf Bankkredite haben.

Der laufende Deleveraging-Prozess der Banken hat u.a. dazu geführt, dass die Ausgabe von Bank-Anleihen auf den niedrigsten Stand seit zehn Jahren gesunken ist. Kritiker sagen, die Banken würden sich auf die Schrumpfung ihrer Bilanzen konzentrieren und die Ausgabe von Krediten beschränken, was wiederum eine Erholung der Realwirtschaft verhindert.

Ergänzung:
Aus einem Interview mit Hans-Werner Sinn (23.11.2012, Einsichten – das Forschungsmagazin, Nr. 2, S. 16): “Es ist eine Sache, anderen Staaten bei ihren Staatsschulden zu helfen – da reden wir über 3,6 Billionen. Es ist etwas ganz anderes, jetzt auch noch die 9,2 Billionen Bankschulden in irgendeiner Form absichern zu wollen.” (Siehe hier!)

Das gesamte europäische Bankensystem auf Basis berichteter Verschuldung ist mit 26 zu 1 gehebelt. Das US-Bankensystem ist halb so stark gehebelt (13 zu 1). (Siehe hier!)

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