Eurozone: Lug und Trug

La Repubblica und die FT berichten von herben Verlusten, die Italien 2012 mit Derivate-Geschäften realisiert hat.

Eurointelligence schreibt: Die Derivate-Kontrakte im Gesamtvolumen von nahezu 32 Mrd. Euro gehen zurück auf die 1990er Jahre. Die damalige Regierung nutzte diese Konstrukte, um das Verhältnis von Defizit zu BIP unter 3% zu bringen, einem Aufnahmekriterium in den Maastrichter Verträgen. Mit diesen Konstrukten wurden Zahlungen in die Zukunft verschoben, so dass sie nicht zu den Staatsschulden hinzu gerechnet wurden.

Einige dieser Kontrakte wurden zwischen Mai und Dezember 2012 nachverhandelt, woraus sich Verluste in Höhe von über 8 Mrd. Euro ergaben – ein Viertel der Gesamtsumme.

Nach den Zeitungsberichten ist der italienische Staat mit insgesamt 160 Mrd. Euro in Derivaten engagiert. Der jetzt gemeldete Verlust ist da wohl nur die Spitze des Eisbergs.

Bei den nachverhandelten Kontrakten handelt es sich um besonders ungeheuerliche Beispiele von Swap-Options-Konstruktionen, schreibt Eurointelligence.

In einem Artikel der Süddeutschen Zeitung wird berichtet, dass der im ESM für Banken-Rekapitalisierung vorgesehene Betrag von 60 Mrd. Euro massive Kosten verursacht. Für jeden Euro, der in eine Bank gesteckt wird, müssen zwei Euro als Sicherheit vorgehalten werden, um das Kredit-Rating des ESM nicht zu gefährden. Wird die gesamte vorgesehene Summe ausgeschöpft, reduziert sich der für Hilfen für angeschlagene Staaten mögliche Betrag um 180 Mrd. Euro. Damit blieben dann noch 320 Mrd. Euro der ESM-Kapazität übrig. Davon sind bereits verplante Mittel für Zypern und Spanien abzuziehen, womit noch etwas mehr als 200 Mrd. Euro frei wären.

Die für die Banken-Rekapitalisierung vorgesehenen ESM-Mittel von 60 Mrd. Euro sind per se viel zu wenig – es darf durchaus mit mehr als 500 Mrd. Euro gerechnet werden. Der geschilderte Umstand zeigt mit aller Deutlichkeit, dass hier ein neues Vehikel her muss – mit entsprechenden neuen Risiken und wahrscheinlichen Belastungen für die europäischen Steuerzahler.

Der Irish Independent verfügt über Telefonmitschnitte aus 2008, in denen der Kapitalmarkt-Chef der Anglo Irish Bank, Bowe, bestätigt, den damaligen Kapitalbedarf von 7 Mrd. Euro frei erfunden zu haben. „Den habe ich aus meinem Arsch gezogen,“ sagte er wörtlich, wohl wissend, dass mehr Kapital benötigt würde, aber in der Hoffnung, der irische Staat werde einen Blanko-Scheck ausstellen. Das Ende vom Lied: Der irische Steuerzahler ist mit mehr als 30 Mrd. Euro dabei.

Bowe und ein anderer Direktor der Bank lachten angesichts der Aussicht auf Verstaatlichung der Bank. Das sei “fantastisch“, so könne man die Jobs behalten und Staatsbedienste werden. Ein anderes Mal stimmte ein Bankmanager die deutsche National-Hymne an, weil als Ergebnis der staatlichen irischen Bank-Garantie deutsche Gelder auf den Konten der Bank landeten, wobei der Chef der Bank, David Drumm, im Hintergrund kicherte.

Irland war vor rund zwei Jahren unter den Euro-Rettungsschirm EFSF geschlüpft und hatte 85 Mrd. Euro erhalten. Im Februar hatte ein Umtausch von 2010 zur Stützung maroder Banken aufgelegten Schuldscheinen („Promissory Notes“) in langlaufende Anleihen stattgefunden. Die Notes waren ausgegeben worden, um Sicherheiten für Notkredite bei der Zentralbank zu schaffen. Für die Regierung war diese Lösung jedoch teuer, sie hatte bei den Euro-Partnern schon lange darauf gedrängt, die Schuldscheine in längerlaufende Titel mit niedrigerer effektiver Verzinsung umwandeln zu dürfen. Dagegen soll sich lange Zeit vor allem die EZB gesperrt haben. Mit ihrer letztlich gegebenen Zustimmung zur Umwandlung setzt sie sich dem Verdacht der durch die europäischen Verträge verbotenen monetären Staatsfinanzierung aus. Der irischen Regierung gehen die Schritte jedoch nicht weit genug, ihre Position gegenüber den europäischen Partnern wird durch die Veröffentlichung der Telefonate nun erschwert.

Die Beispiele zeigen wieder und wieder, dass diese politische Konstruktion namens Eurozone durch und durch morsch ist. Italien lügt sich genau wie Griechenland hinein. Die Manager (nicht nur der irischen) Banken präsentieren sich als unmoralische Schmarotzer. Und der ESM, einmal als DIE Rettung der Eurozone verkauft, erweist sich als untauglich für den eigentlich ausgegebenen Zweck, Hilfe für angeschlagene Staaten auszureichen.

Besondere Brisanz erhält der Vorgang in Italien dadurch, dass der heutige EZB-Chef Draghi in jenen Jahren u.a. Generaldirektor des italienischen Finanzministeriums war. Aber ganz sicher hat er von all dem nichts gewusst…

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