Die USA überstehen das Ende der Globalisierung

Allgemein nehmen Kommentatoren und Beobachter einen relativ ungehinderten Welthandel und freien Kapitalfluss als gegeben hin. Die Realität sieht allerdings etwas anders aus, schreibt Satyajit Das auf Marketwatch.

Wenn die aktuellen wirtschaftlichen Umstände zu einer Bewegung Richtung Autarkie führen, dürften die USA, Europa und China aus unterschiedlichen Gründen abgeschottete Volkswirtschaften als eine Option sehen.

Die USA haben dabei eine günstige Ausgangsposition:

Die USA bleiben mit rund 25% des Welt-BIP die größte Volkswirtschaft auf der Erde. Das US-BIP ist nahezu doppelt so groß wie das von China, der zweitgrößten Volkswirtschaft.

Die US-Wirtschaft hat Zugriff auf einen großen Heimat-Markt. Sie ist mit etwa 15% des BIP weniger auf den Außenhandel ausgerichtet als andere große Länder.

Trotz der ungleichen Einkommensverteilung bleiben die USA mit einem pro-Kopf-BIP von etwa 50.000 Dollar relativ wohlhabend. Insbesondere wenn man Länder mit geringer Bevölkerung und solche mit großem Rohstoff-Reichtum (Ölstaaten des Mittleren Ostens) ausklammert, zählen die USA zur Spitzengruppe. Im Vergleich hierzu kommt Chinas pro-Kopf-BIP auf lediglich 5.000 bis 6.000 Dollar.

Die US-Haushalte verfügen netto über Vermögen von mehr als 70 Bill. Dollar. In der Spitze wurden vor der Finanzkrise mehr als 80 Bill. Dollar erreicht.

Die USA sind und bleiben ein bedeutender Nahrungsmittelhersteller. Sie sind Netto-Exporteur von Nahrungsmitteln, sie kontrollieren etwa die Hälfte der weltweiten Getreideexporte.

Die USA verfügen über wichtige Rohstoff-Ressourcen. Historisch abhängig von Öl-Importen, die einen wichtigen Teil des 600 Mrd. Dollar großen Handelsbilanzdefizits ausmachen, reduzieren die USA nun ihre Importe und erreichen größere Unabhängigkeit bei der Versorgung mit Energie. Neue Technologien (Fracking) eröffnen den Zugriff auf Lagerstätten von Öl und Gas, die bisher nicht erschlossen werden konnten. Vollständige Energie-Unabhängigkeit ist kurzfristig zwar unwahrscheinlich, aber die niedrigeren Energiekosten verschaffen den USA einen signifikanten Wettbewerbsvorteil.

Ein weiterer Vorteil ist die Tatsache, dass der Dollar die Welt-Reserve-Währung ist und bleibt. 60% aller weltweiten Investments entfallen auf den Dollar und die meisten Handelsaktivitäten werden in Dollar abgerechnet.

Noch besser für die USA ist es, dass das Land sich in seiner eigenen Währung verschuldet. Etwa 5 Bill. Dollar an Treasury-Bonds werden von Ausländern gehalten, hauptsächlich aus China, japan, Asien und dem Mittleren Osten.

Weiter: Die USA haben günstige demographische Bedingungen. Das Bevölkerungswachstum ist hoch im Vergleich zu anderen industrialisierten Ländern; das Land verfügt über höhere Einwanderungsquoten, bleibt also ein Anziehungspunkt für gut ausgebildete, wie billige Arbeitskräfte.

Trotzdem sehen sich die USA wichtigen Herausforderungen gegenüber:

Das auf einer Schulden-getriebenen Immobilien-Blase beruhende Geschäftsmodell ist gescheitert. Die Hauspreise liegen um bis zu 60% unter ihren Spitzenwerten. Das führt zu signifikanten Wohlstandsverlusten und daher werden die Konsumausgaben nicht so bald wieder Vor-Krisen-Niveau erreichen. Die Konsumausgaben machen 60 bis 70% des BIP aus.

Die US-Wirtschaft leidet an übermäßig hohen Verschuldungsquoten des Staates und der Verbraucher. Das Wirtschaftswachstum ist mit rund 2% zwar höher als in vergleichbaren Ländern, liegt aber klar unter dem Potential.

Die Arbeitslosigkeit bleibt im Vergleich zu früheren Nach-Rezessions-Phasen hoch. Berücksichtigt man Arbeitskräfte, die sich nicht mehr arbeitssuchend melden und Teilzeit-Beschäftigte, die einen Vollzeit-Job suchen, aber keinen finden, so liegt die Arbeitslosenquote bei rund 15%.

Auch wenn die Globalisierung zurückgeht, kommen die USA mit ihren wirtschaftlichen Problemen zurecht:

Indem sie die Zinsen niedrig halten, senken sie die Kosten des Schuldendienstes und erlauben kurzfristig höhere Verschuldungsniveaus. Niedrige Zinsen und QE-Maßnahmen entwerten den Dollar, was wiederum die Staatsverschuldung besser handhabbar macht.

Ein schwächerer Dollar fördert Exporte und reduziert Handelsungleichgewichte. Zugleich sind die USA dominant in Schlüsselindustrien wie Technologie und Software, Pharmazie, komplexen Industrieprodukten (Luftfahrt, Kriegsgerät, Schwermaschinen), sowie bei der Unterhaltung.

Ein schwächerer Dollar senkt die Kostenbasis der einheimischen Produktion, was den Trend bestärkt, Produktionszweige wieder in die USA zurückzuholen. Das stützt die Schaffung neuer Jobs und reduziert die Arbeitslosigkeit.

Hierdurch bedingtes stärkeres Wachstum bei steigender Beschäftigung hilft wiederum, das große Budget-Defizit in den Griff zu bekommen.

Über alles ist ein Schwenk hin zu einer geschlosseneren Wirtschaft konsistent mit Amerikas natürlichem Isolationismus, der aggressiven Verteidigung des nationalen Interessen und der Ausdehnung des internationalen Einflusses. Diese Interessen diktieren nun den Weg in Richtung Autarkie, schreibt Satyajit Das abschließend. William G. Hyland, Deputy National Security Advisor den früheren Präsidenten Gerald Ford und Editor des Foreign Affairs Magazins hatte schon 1987 bemerkt: „Protektionismus ist der Verbündete des Isolationismus."

Auch wenn man über einzelne Punkte in der Argumentation von Satyajit Das streiten kann, so stimmt doch die Schlussfolgerung, dass die USA für eine Rückabwicklung der Globalisierung, so wie sie mit dem Ende des Bretton Woods Systems Anfang der 1970er Jahre eingeleitet wurde, gut gerüstet sind.

Nachtrag:
(29.5.13) Immer häufiger wird davon gesprochen, dass das Land vor einer gigantischen Reindustrialisierung steht. Die Belebung geht dabei weniger vom Konsum aus, der Schub erfolgt offenbar durch dringend notwendige Investitionen in die Infrastruktur. Dabei helfen die günstigen Energiekosten, die amerikanischen Industrieunternehmen auf Jahre hinaus einen klaren Wettbewerbsvorteil verschaffen. So liegt der Referenz-Gaspreis in den USA bei drei bis vier Dollar, in China muss gut das Dreifache bezahlt. Daher werden energieintensive Fertigungsstätten, die in den vergangenen beiden Jahrzehnten verstärkt nach China verlagert wurden, künftig wieder eher im amerikanischen Heimatland gebaut. Hierdurch werden zudem Transportkosten eingespart. Der Bau von Pipelines, Gas-Kraftwerken, Investitionen in petrochemische Anlagen, sowie in Straßen-, Schienen- und Stromnetze stellt ein gewaltiges Konjunkturprogramm dar.

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