Inflation: Kommt sie oder kommt sie nicht?

Von allen Seiten wird Inflation herbeigeredet, die meisten Zeitreihen aus historischen Daten geben jedoch in dieser Hinsicht momentan nicht viel her. Ich konzentriere mich auf die offiziellen Indikatoren, wohl wissend, dass sie die tatsächliche Preissteigerung nur unzureichend wiedergeben.

Beide Zeitreihen hatten im Spätjahr 2011 bei 3%, bzw. bei 4% ein Topp ausgebildet und sind seitdem rückläufig.

An den Finanzmärkten geht es um Erwartungen. Zwei Zeitreihen wird dabei zugesprochen, dass sie künftige Preissteigerungen vorwegnehmen. Da ist zum einen Gold, zum anderen sind es Zinsen für Staatsanleihen.

Zur Frage der Tauglichkeit von Gold und Zinsen als Inflationsindikator hat Wainwright Economics im November 2005 eine interessante Untersuchung erstellt und hergeleitet, dass Gold bei nachhaltigen Preisauftrieben der Reaktion im Anleihemarkt bis zu einem Jahr voraus läuft. Es reagiert zudem deutlich empfindlicher als Staatsanleihen, die nur einen Vorlauf von einigen Monaten besitzen.

Um bei den Zinsen Einzel-Einflüsse unterschiedlicher Laufzeiten auszugleichen, erscheint mir ein Mittel aus den Renditen für dreimonatige TBills, zehnjährige TNotes und 30-jährige TBonds sinnvoll. Im folgenden Chart wurde einen Indikator gebildet, der Goldpreis und Zinsmittel zusammenfasst. Dieser Indikator zeigte z.B. im August 2007 ein Hoch an, dem elf Monate später ein Topp beim US-CPI folgte. Umgekehrt zeigte er im Januar 2009 ein Tief der Erwartungen an, das Tief im US-CPI folgte im Juli desselben Jahres.

Die Inflationserwartungen sind aktuell wieder so hoch wie zuletzt im Sommer 2012 und divergieren zur eher noch abnehmenden de-facto-Inflationsrate. Das legt nahe, dass auf Sicht von sechs bis neun Monaten deutlich höhere jährliche CPI-Zuwächse zu erwarten sind.

Häufig wird die Differenz von nominalen und inflationsbereinigten Renditen als Indikator für Inflations-Erwartungen genommen (oberer Chart – blau), auch als „break-even Inflation“ bezeichnet. Damit ergibt sich auf Basis der Rendite für zehnjährigen US-Treasuries folgendes Bild.

Der Vergleich mit der tatsächlichen Inflationsrate nach CPI (unterer Chart – türkis) offenbart mittelmäßige Qualitäten bei der Vorhersage der tatsächlichen Inflation. (Violett sind die jährlichen Veränderungen des PPI dargestellt.)

Auffallend ist, dass die Inflationserwartungen nach „Break-even“ kürzlich aus einem aufwärts gerichteten Dreieck (gelb) nach oben ausgebrochen sind. Ein Retest der Ausbruchslinie hat diese bestätigt. Charttechnisch ausgerichtete Akteure an den Finanzmärkten werden aus diesem Verlauf schließen, dass die Inflations-Erwartungen deutlich aufwärts gerichtet sind.

In normalen Zeiten wird hinsichtlich Inflationserwartung häufig auch die Kapazitätsauslastung herangezogen. Bekanntermaßen ist diese aktuell im historischen Maßstab klar unterdurchschnittlich, so dass man von hier aus zu dem Schluss eher geringer künftiger Zuwächse der Inflationsindices kommen müsste. Auch aus Sicht der Arbeitsmärkte und der verfügbaren Einkommen wäre eher mit geringer Preismacht der Unternehmen und damit mit eher geringem Preisauftrieb zu rechnen.

Die Zeiten sind aber nicht „normal“. Die Notenbanken tun alles, um eine deflationäre Entwicklung zu vermeiden. Sie spielen dabei mit dem Feuer. Denn es hat sich in der Vergangenheit gezeigt, dass eine inflationäre Entwicklung schnell außer Kontrolle geraten kann. Denn genauso wie bei einer deflationären Entwicklung spielen auch bei Inflation psychologische Verstärker bei den Konsumenten eine entscheidende Rolle. So wie diese bei Erwartung künftig sinkender Preise eher abwarten mit nicht unbedingt notwendigen Anschaffungen, so werden sie in Erwartung künftig steigender Preise Anschaffungen eher vorziehen. In beiden Fällen reagieren die Preisniveaus darauf erwartungsgemäß, woraufhin sich die jeweiligen Erwartungen in der vorgegebenen Richtung weiter verstärken.

Ergebnis dieser kleinen Untersuchung: Man sollte sich auf Sicht Jahresende auf zunehmende (aber noch keine galoppierenden) Preissteigerungen einstellen. In den USA würde mich ein CPI-Jahreszuwachs von 2,7%, in der Eurozone eine Preissteigerung von 2,3% nicht überraschen.

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