IWF: 2012, schwächstes Jahr seit 2009

Der IWF kappt in seinem aktuellen World Economic Outlook die Wachstumsprognose für die Weltwirtschaft in 2012 auf 3,3% nach plus 3,5% Vorhersage im Juli. Das wäre das schwächste Jahr seit 2009.

Die Eurozone sieht der IWF mit 0,4% Schrumpfung des BIP in 2012 noch etwas tiefer in der Rezession als im April erwartet. Auch 2013 rechnet er nur mit einem kleinen Plus von 0,2%, das liegt 0,5% niedriger als vor einem halben Jahr angenommen. Für Deutschland bleibt der IWF zwar bei einer Wachstumsprognose von unverändert 0,9% in 2012. Für 2013 erwartet er aber ebenfalls nur noch plus 0,9%, was eine Abwärtsrevision von 0,5% gegenüber der vorhergehenden Schätzung darstellt.

Auch für Schwellenländer wie China, Indien und Brasilien nahm der Fonds die Schätzungen zurück. Zu China heißt es, das Wachstum werde sich auf 7,8% in 2012 abschwächen. Die Emerging Markets in Asien stehen im Risiko, wenn sich die Eurozonen-Krise verschlimmert und die USA ihre „fiscal cliff“ nicht umschiffen können, heißt es.

„Für die fortgeschrittenen Länder ist das Wachstum nun zu niedrig, als dass es eine spürbare Wirkung auf die Arbeitslosigkeit haben könnte“, schreibt IWF-Ökonom Blanchard. Generell hätten sich die Abwärtsrisiken noch einmal verstärkt und seien erheblich. Mit einer Wahrscheinlichkeit von eins zu sechs könnte das globale Wachstum unter zwei Prozent sinken und die Industrieländer als Ganzes betrachtet in eine Rezession stürzen.

Im Bericht wird als Grund für die schwache Entwicklung angegeben, „(…), dass die Politik in den wichtigsten Industrieländern es nicht geschafft hat, wieder Vertrauen in die mittelfristige Entwicklung herzustellen.“ Der globale Fertigungszyklus dreht auf breiter Front wieder nach unten ab. Die Arbeitslosigkeit in den entwickelten Ländern bleibt weiterhin über den Niveaus vor Ausbruch der Finanzkrise.

Die neue Prognose des IWF basiert auf zwei (optimistischen) Annahmen. Erstens nutzen die Europäer ihr neues Kriseninstrumentarium, schnell und wirkungsvoll, unterstützt von der EZB. Zweitens vermeiden es die USA, durch automatische Steuererhöhungen und massive Ausgabenkürzungen als Folge des Erreichens einer Verschuldungsobergrenze zum Jahreswechsel über ihre „fiscal cliff“ zu stürzen.

Als die offensichtlich größte Bedrohung der Weltwirtschaft stuft der IWF die Euro-Staatsschuldenkrise ein. Die Regierungen müssten ihre Schutzschirme flexibler machen, so soll der ESM auch direkt im Bankensystem intervenieren. Gleichzeitig müsste die Integration vorangetrieben werden. Dazu gehört nach IWF auch die Schaffung einer Bankenunion, deren einheitlicher Rahmen Finanzstabilität gewährleisten soll. Dabei müsse nach dem Grundsatz verfahren werden, dass mehr Einlagensicherheit im Währungsraum mit stärkerer Kontrolle gepaart werden müsse.

Für Spanien sagt der IWF in 2013 eine Kontraktion von 1,3% voraus, er hält die Vorhersage von minus 0,5%, die die spanische Regierung vor einigen Tagen gemacht hat, für zu optimistisch. Nur Griechenland schneidet noch schlechter ab. In seinem 2011er Bericht hatte der IWF 2013 als das Jahr der Erholung in Spanien vorgestellt – mit einem prognostizierten Wachstum von 1,8%. Spaniens Defizit wird für 2013 mit 5,7% des BIP erwartet, das Ziel von 4,5% würde damit verfehlt. Im nächsten Jahr könnte der Schuldenstand Spaniens auf 90% des BIP hochschnellen, warnt der IWF.

Die Entwicklung der Eurozone, aufgetrennt nach Kern und Peripherie, wird in folgendem Chart dargestellt.

Nach Einschätzung des IWF unterstützt die Geldpolitik in den Industrieländern die Bekämpfung der Krise. Positiv wird die Ankündigung von Zentralbanken bewertet, Anleihen zu kaufen und so die Zinsen niedrig zu halten. Das globale Finanzsystem bleibe aber insgesamt anfällig. Zudem trage das staatliche Sparen in vielen Industrieländern dazu bei, die Erholung abzuschwächen. Der IWF empfiehlt, Sparprogramme zu lockern, wenn das Wachstum deutlich unter die IWF-Prognosewerte absackt.

In einem weiteren Kapitel befasst sich die IWF-Studie mit historischen Schuldenkrisen ("Schuldenüberhängen") und zeigt sehr klar die Bedingungen auf, unter denen eine Schuldenkonsolidierung wirken kann. Insbesondere wird hervorgehoben, dass Austerität begleitet werden muss von einer plausiblen Wachstumsperspektive. Diese wiederum muss basieren auf weitreichenden strukturellen Reformen, denen der Vorzug vor kurzlebigen Maßnahmen zu geben ist. Dabei soll die Geldpolitik so Wachstums-unterstützend wie möglich sein.

Momentan sieht es so aus, dass Spanien einen ähnlichen Weg wie Griechenland geht. Griechenland zeigt nach sechs Jahren an Austeritäts-Programmen keinen Turnaround, die Troika erwartet jetzt für 2013 einen Fall des BIP um 5%. In Spanien wird ebenfalls ein Austeritäts-Programm nach dem anderen aufgelegt und verfehlt. Mit den mechanischen staatlichen Sparprogrammen verstößt das Land gegen die im aktuellen IWF-"Outlook" angegebene Bedingung einer plausiblen Wachstumsperspektive, um der Schuldenfalle zu entkommen. Und die strukturelle Reform, die am nötigsten wäre, nämlich die Konsolidierung der gesamten Bankenlandschaft, wird aus politischen Gründen ebenfalls nicht angegangen. So wird auch die zweite IWF-Bedingung, glaubhafte strukturelle Reformen, nicht erfüllt.

In seiner FT-Kolumne schreibt Wolfgang Münchau unter der Überschrift "Relentless austerity will only deepen Greek woes", man müsse sich wundern, dass das derselbe IWF ist, der einerseits als Teil der Troika in Griechenland eine unsinnige, selbstzerstörerische Politik unterstützt und andererseits in seinem aktuellen Outlook zu einer geistreichen Analyse der zurückliegenden Schuldenkrisen kommt.

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