CoBank-Krämer: Konjunkturüberhitzung durch EZB

Der Chefvolkswirt der Commerzbank, Jörg Krämer, warnt gegenüber der Nachrichtenagentur dpa-AFX: „Der Euroraum bewegt sich hin zu einer italienischen Währungsunion. Die wirtschaftlichen Probleme der hochverschuldeten Länder werden schrittweise überdeckt durch eine lockere Geldpolitik, eine hohe Inflation und einen schwachen Euro-Wechselkurs.“ Diese Währungsunion hätte dann zahlreiche Parallelen zum Italien der siebziger und achtziger Jahre.

Mit ihrer laxen Geldpolitik nimmt die EZB Wettbewerbsdruck von den Peripherieländern und stabilisiert so die Währungsunion, führt er aus. Wenn das Risiko eines Zusammenbruchs der Währungsunion per Anleihekäufe der EZB gebannt ist, würden die niedrigen Leitzinsen die Konjunktur und das Wachstum der Lohnkosten in den Kernländern ankurbeln. Das wiederum senkt den Wettbewerbsdruck auf die Peripherieländer, sagt Krämer.

“Die an den Krisenstaaten orientierte Geldpolitik der EZB und ausbleibende Reformen in den Peripherieländern werden den Euro-Wechselkurs dauerhaft unter Druck bringen“, erwartet Krämer. Die Euro-Abwertung reduziert den Wettbewerbsdruck von außerhalb des Euroraums und verbessert auch die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Peripherieländer.

Zwar hätten die USA und andere Länder ein Interesse an einem schwachen Dollar, bzw. an einem starken Euro. „Die EZB ist jedoch angesichts des Risikos eines Auseinanderfallens der Währungsunion mehr als jede andere Zentralbank zum Gelddrucken verdammt“, sagt Krämer. Zudem entwickle sich die US-Wirtschaft besser und sei daher weniger auf eine schwache Währung angewiesen.

Eine Gesundung des Euroraums hält Krämer für wenig wahrscheinlich. Zwar hätten z.B. Spanien und Portugal weitreichende Reformen am Arbeitsmarkt und anderswo durchgeführt, in Italien seien diese jedoch steckengeblieben. Montis Arbeitsmarktreform greife viel zu kurz und werde wohl kaum verhindern, dass die Löhne in der drittgrößten Volkswirtschaft der Eurozone weiterhin stärker steigen als die Produktivität.

Die „italienische Währungsunion“ könne sich laut Krämer viele Jahre „gut anfühlen“. Die Folgen der künstlichen Konjunkturankurbelung durch die für Deutschland viel zu niedrigen EZB-Zinsen würden lange verborgen bleiben. „Bereits ab Mitte kommenden Jahres könnte die deutsche Wirtschaft wieder kräftig zulegen. Es ist vorstellbar, dass die Zahl der Arbeitslosen in einigen Jahren unter zwei Millionen liegt", prognostiziert Krämer. Dann könnten die Löhne explodieren, Renten steigen, Immobilienpreise durch die Decke gehen.

Die Überhitzung der deutschen Wirtschaft vernichte schließlich die Wettbewerbsvorteile der vergangenen Dekade, ein Abschwung von der Art Spaniens der zurückliegenden Jahre dürfte folgen. „(…) das Beispiel Spaniens lehrt, wie schmerzhaft ein solcher Absturz ist und wie langsam sich eine Volkswirtschaft davon erholt", warnt Krämer.

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