Die dunkle Seite von Apple

Kennen Sie Foxconn Technology? Das taiwanesische Unternehmen ist Chinas größter Exporteur und beschäftigt 1,2 Millionen Menschen. Foxconn fertigt in Werken überall in China etwa 40% der Konsum-Elektronik auf der Welt für Amazon, Dell, Hewlett-Packard, Nintendo, Nokia, Samsung und andere.

Foxconn machte schon mehrfach von sich reden – durch Berichte über unmenschliche Arbeitsbedingungen, Serien von Selbstmorden unter den Beschäftigten und größere Betriebsunfälle mit Toten und Verletzten. Die „Bänder“ stehen bei Foxconn niemals still. Banner an den Wänden von Foxconn-Hallen warnen: „Arbeite hart im Job heute oder morgen, um einen neuen zu finden.“

Auch Apple lässt bei Foxconn fertigen. Das Unternehmen hat sich 2005 einen Codex gegeben, den die Lieferanten des Unternehmens einhalten müssen. Solche Vorgaben sind schon länger Standard, Apple hat das nicht erfunden. Ziel ist, sicher zu stellen, dass die Zulieferer zumindest ein Mindestmaß der in den industrialisierten Ländern üblichen Produktionsstandards einhalten. Darin ist dann z.B. festgelegt, dass Arbeiter an höchstens sechs Tagen nicht mehr als 60 Stunden in der Woche arbeiten dürfen, Jugend-, bzw. Kinderarbeit ist verboten, Grundprinzipien der Arbeitssicherheit sind einzuhalten, Mindestlöhne sind garantiert usw..

Apple führt, wie allgemein üblich, regelmäßige Überprüfungen der Vorgaben durch. Zwischen 2007 und 2010 wurden bei über 300 solcher Audits in mehr als der Hälfte der Fälle z.B. Verstöße gegen die maximale Wochenarbeitszeit festgestellt. 2011 wurde bei mehr als 200 Audits eine leichte Verbesserung festgestellt. Apple reklamiert für sich, dass schwerwiegende Verstöße innerhalb von 90 Tagen abgestellt werden müssen, ansonsten wird die Geschäftsbeziehung beendet. Nach Aussagen eines früheren Apple-Managers war das seit 2007 aber nur bei weniger als 15 Zulieferern der Fall.

Apple verlangt von den Zulieferern vor Auftragserteilung eine detaillierte Kalkulation von Bauteilen, Maschinen- und Arbeitskosten. Dann gibt das Unternehmen vor, was es für ein bestimmtes End-Produkt, iPad, iPod oder was auch immer, zu zahlen bereit ist. Dem Lieferanten wird nur eine geringe Marge zugestanden. Es folgt, was folgen muss. Die Zulieferer sparen, wo sie können, sei es an Hilfs-Material, sei es, indem sie ihre Beschäftigten antreiben zu schnellerer und längerer Arbeit. Und im Jahr darauf verlangt Apple dann eine Reduktion des Abgabepreises um zehn Prozent, sagt ein Angestellter eines iPad-Zulieferers.

Die New York Times führt eine Reihe weiterer Bespiele dafür an, dass Apple bestenfalls halbherzig auf Verstöße der Zulieferer gegen Vorgaben reagiert. Andere Unternehmen wie HP, Intel oder auch Nike würden stärkeren Druck ausüben. Was aber ist bei Apple, Intel, HP und den anderen mit den Zulieferern der Zulieferer? Hier guckt kaum jemand hin, die Wirksamkeit solcher Vorgaben relativiert sich damit weiter.

Grundsätzlich ist es so: Man kann alle Regeln für eine schönere Welt aufstellen. Wenn die Zulieferer ausgepresst werden wie eine Zitrone, sind Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen die zwingende Folge. Denn an Bauteilen und Qualität darf nicht gespart werden, sonst ist der Auftrag weg.

In vielen Fällen kann man den Namen „Apple“ oben durch beliebige andere Namen aus der Konsum-Elektronikindustie oder auch aus anderen Branchen ersetzen.

Aber Apple ist rigide darauf bedacht, das eigene „smarte", „innovative“ und „cleane“ Image hoch zu halten. Das Unternehmen ist sich dabei z.B. auch nicht zu schade, einen Marken-Prozess gegen den Hersteller eines Eierbechers namens „Ei-Pott“ zu führen (erfolgreich). Die Apple-Marke ist mittlerweile so hoch gehängt, dass Kunden bereit sind, einen saftigen Aufpreis zu zahlen, um sich mit dem neuesten „Apfel“-Produkt zu schmücken. Bei so viel Bedacht auf ein leuchtendes Image und einer Cash-Position von mittlerweile fast 100 Mrd. Dollar sticht die Schattenseite besonders hervor.

Das Unternehmen ist durch einen Mix aus Innovationskraft (im Sinne von besserer Bedienbarkeit der Geräte) und konsequentem Marketing zu einer Dimension auf dem Markt für Konsum-Elektronik aufgestiegen, die es ihm erlauben würde, neue Maßstäbe auch im Umgang mit Zulieferern zu setzen. Und wenn das Unternehmen nicht von sich aus die Initiative ergreift, dann könnten es die Kunden tun. Die New York Times verweist auf Nike und Gap, die auf Kunden-Druck ihre Zulieferer-Beziehungen umgestaltet haben. Aber so lange Kunden sich mehr um ein neues iPhone kümmern als um die Fertigungsbedingungen in China, wird sich nichts ändern, zitiert das Blatt einen Apple-Manager.

Mike Daisey, nach „Frankfurter Rundschau“ der amerikanische Günter Wallraff, hat zu Apple und Foxconn ein vel beachtetes ein-Mann-Theater-Stück inszeniert. Es wird beim Umdenken helfen.

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Artikelbild nach Wikipedia

Nachtrag:
In einem ganz anderen Zusammenhang – Apple ist das typische Unternehmen für den gegenwärtigen Kondratieff-Winter. Apple versteht es meisterhaft, die tragende Technologie des aktuellen Kondratieff-Zyklus durch bessere Bedienbarkeit weiter zu verbreitern. Zu den allgemeinen Eigenschaften des Kondratieff-„Winters“ zitiere ich aus „Weltsichten – Weitsichten“ (R. Rethfeld/K. Singer; FinanzBuch Verlag 2004; S. 252): „Innovationen sind inkrementeller Natur, etablierte Technologien werden verbessert, billiger gemacht und weiter verbreitet. Konsolidierung ist das zentrale Stichwort in der Wirtschaft."
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(23.3.12) Mittlerweile wurde nachgewiesen (siehe FAZ vom 22.3.12), dass Mike Daisey in manchem gelogen hat, was er in seinem Theaterstück als "persönliches Erleben" darstellt. Die Zustände bei Foxconn und die Haltung von Apple hierzu sind davon nicht betroffen.

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