Morgen keine Aktien mehr?

Der DAX explodiert über 6.000 Punkte, als gäbe es morgen keine Aktien mehr.

Der November endet – startet die Jahresendrally? Für Fonds, Pensionskassen und andere institutionelle Anleger ist das Bestreben groß, zum Jahresende mit ihren Büchern so gut wie möglich dazustehen. Schließlich möchte man als „Held“ gelten und gleich zu Jahresbeginn neues Geld einsammeln. Was dann passiert, ist erst einmal egal. Also Window-Dressing heißt die Devise.

Die Schuldenkrise der Eurozone beschäftigt die ganze Welt, man wartet auf Nachrichten, aus denen sich Hoffnung auf eine Lösung ableiten lässt. Da bleibt es dünn. Nachdem bisher Makronachrichten immer wieder von Eurozonen-Nachrichten abgebügelt wurden, wird denen jetzt mehr Gewicht geschenkt.

Auch Window-Dressing braucht Nachrichten: Zunächst überraschte der "Black Friday"-Indikator positiv. Zudem überraschte gestern das im November stark angestiegene US-Verbrauchervertrauen.

Heute belastete zwar zunächst die Herabstufung zahlreicher US- und Euro-Großbanken. Zur Mittagszeit wurde dann aber gemeldet, dass die chinesische Notenbank erstmals seit drei Jahren überraschend die Mindestreserve-Anforderungen der Banken lockert, um die erlahmende Konjunktur zu stützen. Dadurch können Banken ihre Kreditvergabe ausweiten – man hofft auf positive Impulse für die Weltwirtschaft.

Fast zeitgleich wurde gemeldet: Die wichtigsten Notenbanken der Welt gehen überraschend in die Offensive. EZB, Fed, die Notenbanken Kanadas, Japans, Großbritanniens und der Schweiz stellen den Geschäftsbanken bis 2013 unbegrenzt Dollar zur Verfügung. Gleichzeitig wurden die Kosten für Dollar-Swaps gedrückt. Den von der Schuldenkrise in Mitleidenschaft gezogenen europäischen Banken fiel es zuletzt schwer, sich Dollar-Kredite zu beschaffen. Die wichtigste Weltreservewährung ist für ihre Geschäfte jedoch von zentraler Bedeutung. Viele US-Investoren hatten ihnen aus Angst vor den Folgen der Schuldenkrise den Geldhahn zugedreht.

Das war schon einmal so – in den schlimmsten Tagen der Finanzkrise 2008. Der Geldmarkt trocknete aus, weil sich Banken untereinander kein Geld mehr liehen. Das Signal jetzt: Die Notenbanken stehen Gewehr bei Fuß und werden jedes Anzeichen einer Liquiditätskrise mit allen Mitteln bekämpfen. Die Liquiditäts-Junkies hören es gerne. Die Kurve zur Realwirtschaft: Durch Vermeidung einer Liquiditätsklemme soll auch die Gefahr einer Kreditklemme vermieden werden, die wiederum die Realwirtschaft in eine Rezession stürzen könnte.

Dann meldet ADP heute eine Zunahme der Arbeitsplätze im privaten Bereich um 206.000 im November, der Konsensus lag bei 125.000, die entsprechende Zahl für den Vormonat bei 130.000. Ein wichtiges Omen für die am Freitag anstehenden Arbeitsmarktdaten der USA. Auch der Einkaufsmanagerindex der Region Chicago kam mit 62,6 stark herein, erwartet worden war 59. Der Subindex für Produktion zeigte sich besonders stark – er stieg um fast vier auf 67,3 Punkte.

Die Stimmung nach VIX hatte sich in den vergangenen Tagen schon etwas aufgehellt – siehe die blaue „Klima“-Linie. Eine wichtige Voraussetzung für den Bestand einer bullischen Bewegung.

Zudem meldet die Auswertung des Verlaufs der Indexoptionspositionierung auf den S&P 500 seit zwei Tagen „short squeeze“, wenn auch vom Volumen her noch auf relativ niedrigem Niveau.

Und wenn dann noch der Nikolaus mit der Bazooka kommt, dann steht der Jahresendrallye sowieso nichts im Wege. Wenn aber die EZB zunächst mal nur weiter mit dem Luftgewehr herum fuchtelt und die Brüsseler Politbürokraten weiter mehr gackern als etwas bewegen, dann könnte es sein, dass die „Märkte“ das jetzt noch einmal „durchgehen“ lassen. Wo man doch so schön in Bewegung ist…

Bis nächstes Jahr…

Denn gelöst wird die Schuldenkrise so nicht. Gerade erst muss Brüssel zur Kenntnis nehmen, dass der angedachte EFSF-Hebel klemmt. Hatte man noch vor kurzem von einem Hebel-Faktor vier oder mehr geträumt, so will man jetzt einen „Dreier“ erreichen. Unmittelbar vor der Anfang Dezember drohenden Staatspleite bekommt Griechenland die nächste Finanzspritze von acht Milliarden Euro. 5,8 Mrd Euro kommen aus Europa, der Rest vom IWF. Gutes Geld wird schlechtem hinterhergeworfen, die „Märkte“ freut es. Es ist ja genug da – bei der EZB und bei den Nord-Ländern der Eurozone. Das soll dann mal, bitte schön, auf den Tisch. Und wenn nicht am 9. Dezember, dann nächstes Jahr…

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