Euro-Schulden-Thema kocht weiter

Noch-Bundesbank-Chef Weber kritisiert das (blinde) Vertrauen in die Finanzreformen der Eurozone. Eckpunkte der Europäischen Währungsunion seien Subsidiarität, individuelle Verantwortung und die „No Bailout“ Regel. Der angedachte ESM dürfte die finanzielle Stabilität untergraben. Der Monatsbericht der Bundesbank spricht sich erneut gegen Bond-Käufe durch den EFSF aus, weil sie den Druck von hochverschuldeten Ländern nimmt, ihr Budget in Ordnung zu bringen.

Weber steht damit weit außerhalb des politischen Konsens in Europa, schreibt Eurointelligence. Das ist zwar vornehm ausgedrückt, aber ist es nicht eher so, dass Weber damit ein Einäugiger unter den Blinden ist? Wobei sich die Frage anschließt, ob man die, die wissentlich nichts sehen wollen, als „blind“ bezeichnen kann.

Das Thema „Staatsschulden“ kocht unterdessen munter weiter. Th. Mirow, Chef der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung, bezweifelt, dass Griechenland eine Schuldenquote von mehr als 150 % dauerhaft tragen kann. Die Quote müsse per Umschuldung auf 100 % gesenkt werden, damit das Land eine Chance hat, seine Krise zu überwinden.

Nach Einschätzung des europäischen Sachverständigenrats EEAG wird Griechenland nach Auslaufen des Rettungspakts in 2013 wohl nicht in der Lage sein, sich über den Markt zu refinanzieren. Will die EU ihr Rettungspaket nicht mit jahrelangen Transfers ausdehnen, blieben nur zwei Lösungen: Die Rückkehr des Landes zur alten Währung oder eine Rosskur, die auch niedrigere Löhne auf breiter Front einschließt. Oder eben ein Schulden-Moratorium.

Nimmt man Mirow beim Wort, müsste der Schuldenerlass für Griechenland wohl höher ausfallen als die bisher im Raum stehenden 30 %. Auf diesen Wert hatte man sich in Brüssel vorsichtig eingeschossen – natürlich nur im Falle eines Falles…

Da wundert es nicht, dass Lorenzo Bini Smaghi seine Rhetorik steigert: Eine Schulden-Restrukturierung brächte einen größeren Zusammenbruch finanzieller, wirtschaftlicher und sozialer Strukturen, es wäre ein riesiger Sprung ins Ungewisse. Smaghi ist der Mann in der EZB, der vorgeschickt wird, wenn das Thema Schulden-Restrukturierung mal wieder überkocht.

Portugal wird immer öfter als der nächste Kandidat für Hilfen aus dem europäischen Rettungsschirm gehandelt.

Wovon träumen die Politiker und Notenbanker in Brüssel und anderswo eigentlich? Von einem Wunder (etwa einem Wirtschaftswachstum von dauerhaften 3 % und mehr)? Die Leute sind hoch gebildet, haben ihr Metier studiert, da sollte man eigentlich erwarten, dass sie nicht träumen. Oder glauben sie an ihre Allmacht über ökonomische und soziale Gesetzmäßigkeiten? Oder spielen sie lediglich auf Zeit? Und/oder der Bevölkerung etwas vor?

Dem Vernehmen nach sprechen sich deutsche Vertreter in Brüssel immer klarer gegen erneute Stresstest beim europäischen Bankensystem aus. Nachdem sich das Täuschungsgebilde des Stresstests vom Juli 2010 mit der irischen Bankenkrise selbst entlarvt hatte, plante man in Brüssel eine Neuauflage. Der deutsche Widerstand kann nur als Eingeständnis gewertet werden, dass es mit der deutschen Bankenlandschaft nicht zum besten steht (vorsichtig ausgedrückt).

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