EFSF-Emission neunfach überzeichnet

Der europäische Rettungsfonds (European Financial Stability Facility – EFSF) hat mit der Platzierung von eigenen Anleihen im Wert von insgesamt 5 Mrd. Euro gestern ein erfolgreiches Debut am Kapitalmarkt hingelegt. Die Emission war neunfach überzeichnet. 500 Investoren wollten kaufen. Besonders stark war die Nachfrage aus Asien. Allein die japanische Regierung sicherte sich mehr als ein Fünftel des Emissionsvolumens. Die Rendite des Papiers liegt bei 2,89 %.

Die EFSF ist Teil des Euro-Rettungspakets, das im Frühjahr 2010 in Folge der Griechenland-Krise geschnürt wurde. Sie läuft 2013 aus und soll dann von dem dauerhaften Euro-Stabilisierungsmechanismus ESM abgelöst werden. Die EFSF will in diesem Jahr insgesamt 16,5 Mrd. Euro aufnehmen, 10 Mrd. Euro im kommenden Jahr.

Das Mandat der EFSF ist es, auf den Märkten Geld aufzunehmen und damit mehrjährige Anpassungsprogramme eines hilfesuchenden Staates per Kredit zu unterstützen. Die Kreditkosten haben gegenüber den Beschaffungskosten der EFSF einen deutlichen Aufschlag, um die Beanspruchung des Schirms gezielt unattraktiv zu halten, liegen aber klar unter dem Marktzins.

Für die EFSF-Anleihen bürgen die übrigen Euro-Staaten mit im Mai 2010 gegebenen Garantien von bis zu 440 Mrd. Euro. Um die Bestnote der Rating-Agenturen zu erreichen, hat die EFSF ein mehrlagiges Sicherheitsnetz eingezogen, so dass sie de facto maximal rund 250 Mrd. Euro an notleidende Staaten ausleihen kann.

Zu diesem Betrag kommen bis zu 60 Mrd. Euro aus dem European Financial Stability Mechanism des EU-Haushalts und Beiträge des IWF hinzu. Da der IWF jeweils halb so viel zu einem konkreten Hilfspaket beisteuert wie die beiden europäischen Geldquellen, ergibt sich die reale Kapazität des gesamten Rettungsschirms zu etwa 465 Mrd. Euro.

Kaum war im November das Hilfspaket für Irland beschlossen worden, schossen sich die Finanzmärkte auf Portugal ein. Zur Verunsicherung trug auch bei, dass die Kapazität des gesamten Schirms realiter weit unter der öffentlich immer wieder genannten Summe von 750 Mrd. Euro liegt. Der Eindruck verfestigte sich, die Märkte seien von den bisherigen Vorkehrungen nicht beeindruckt.

Mitte Januar waren die Finanzminister der Euro-Zone zusammen gekommen und hatten über die Stärkung des Euro-Rettungsschirms beraten. EU-Kommissions-Präsident Barroso hatte zuvor mehrfach öffentlich eine Ausweitung der Finanzierungskapazitäten und der Einsatzmöglichkeiten der EFSF gefordert, des wichtigsten Teils des Rettungsschirms. Auch einige andere Politiker sprachen sich dafür aus, den Schirm nominal aufzustocken und flexibler zu gestalten. Trichet hatte ebenfalls in diese Richtung argumentiert, die EZB möchte aus dem eigenen Aufkaufprogramm für Staatsanleihen aussteigen.

Im Zentrum der Debatte stand, wie die tatsächliche Kreditvergabe-Kapazität der EFSF möglichst nahe an den Garantierahmen von 440 Mrd. Euro herangeführt werden könnte. So wurde vorgeschlagen, die Euro-Staaten (insbesondere jene mit Topp-Rating) könnten ihre Garantien aufstocken oder die EFSF mit Eigenkapital ausstatten. Eine Aufstockung des nominellen Volumens stieß auf starken deutschen Widerstand, offen zeigte man sich indes gegenüber der Frage, wie das vorhandene Volumen tatsächlich für die Kreditvergabe verfügbar gemacht werden könnte. Beobachter sehen darin ein Scheingefecht, denn wenn das Topp-Rating der EFSF bestehen bleiben soll, erfordert jede Aufstockung der real verfügbaren Kapazität mehr Engagement der Euro-Staaten (etwa in Form höherer Garantien).

Zum Thema Flexibilisierung wurde diskutiert, dass die EFSF auf dem Sekundärmarkt (oder direkt) Staatsanleihen gefährdeter Euro-Staaten kaufen könnte, ihnen kurzfristige Kreditlinien gewährt oder Swaps anbietet, um ungünstige ausstehende Anleihen abzulösen und neue, günstigere auszugeben. Ebenfalls zur Debatte stand die von Irland ins Spiel gebrachte Senkung der Zinsen, die ein hilfesuchendes Land für EFSF-Kredite bezahlen muss.

Ob die 17 Euro-Staaten, wie von Barroso gewünscht, bereits auf dem EU-Gipfel am 4. Februar Beschlüsse zur EFSF-Reform fassen, ist ungewiss. Geplant ist die Verabschiedung eines Gesamtpakets mit weiteren Elementen, wie Maßnahmen zu weiterer Haushaltsdisziplin, zu wirtschaftspolitischer Vereinheitlichung, sowie ein neuer Banken-Stresstest. Hierauf drängt insbesondere Deutschland als gewichtigster Bürge des EFSF.

Nach der Sitzung der Finanzminister Mitte Januar (und dem deutlichen Anstieg des Euro…) scheint sich die Auffassung durchzusetzen, dass sich die dramatische Zuspitzung der Lage vorerst erledigt hat. Tatsächlich scheint kein dringender Handlungsbedarf zu bestehen: Irland beansprucht als bisher einziger „Kunde“ des Rettungsschirms weniger als 10% der EFSF-Kapazität (der EFSF steuert etwa 18 Mrd. Euro zu dem Hilfspaket im Gesamtvolumen von 85 Mrd. Euro bei, weitere 22,5 Mrd. stammen von der EU-Kommission, der Rest vom IWF). Damit wären auch Hilfen zugunsten von Portugal und Spanien noch darzustellen. Erst danach würde es „eng“.

Und so macht sich an Barrosos Vorstoß immer mehr Kritik fest. Denn, so wird argumentiert, wenn wochenlang öffentlich über die Stärkung des Euro-Rettungs-Schirms diskutiert wird, provoziert das Spekulationen über Leichen im Keller.

Die vor allem von der deutschen Seite vorgebrachte Kritik hat dabei etwas Scheinheiliges. Schließlich trug das politische Gegacker dazu bei, den Euro schwach zu halten, was wiederum den stark außer-Euro-exportorientierten Ländern (wie z.B. Deutschland) nutzte. Zudem möchte die deutsche Regierung so kurz vor wichtigen Landtags- und Kommunalwahlen den europäischen Schuldenball flach halten. Man will ein Desaster wie im Mai 2010 verhindern, als inmitten der aufflammenden Griechenland-Krise die Landtagswahlen in NRW für die CDU verloren gingen.

Also kommt das Thema „Gesamtpaket zur Sanierung der Euro-Zone“ wohl erst spät im März (oder noch später) auf die Tagesordnung eines EU-Gipfels.

Wenn nichts dazwischen kommt…

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